Während manche Psycholog*innen auf Stellen und in Positionen tätig sind, die 100% notfallpsychologisch ausgerichtet sind, gestalten andere Psycholog*in ihr berufliches Portfolio mit der Notfallpsychologie als einer von mehreren tragenden Säulen, beispielsweise als Ergänzung zu psychotherapeutischer oder anderweitig beratender Tätigkeit.
Die folgenden Beispiele notfallpsychologischer Berufspraxis bilden daher ausdrücklich keine abschließende Liste, sondern sollen als Inspiration für die Vielschichtigkeit dieser Teildisziplin der Psychologie dienen.
Als freiberufliche*r Notfallpsycholog*in
Unterstützung von Firmen, Banken, Spielotheken, Apotheken, Verkehrsunternehmen (z.B. Deutsche Bahn), Universitäten, Schulen, Behörden u.ä., nach Unfällen, Suiziden, plötzlichen Todesfällen, Amokläufen. Notfallpsycholog*innen können hierbei sowohl einzelne Arbeitnehmer und Arbeitnehmergruppen sowie Kund*innen nach solchen potentiell traumatisierenden Ereignissen betreuen und begleiten, als auch Führungskräfte mit konkreten Handlungsempfehlungen, Notfallplänen und Nachbetreuungsangeboten unterstützen.
Als Mitarbeiter*in eines Krisendienstes
Inzwischen gibt es zunehmend Angebote (z.B. Krisendienste und -hotlines), die entweder über ein Telefonangebot oder durch gezielte mobile Einsätze die Allgemeinbevölkerung bei der Bewältigung verschiedener psychosozialer und psychiatrischer Krisen (Tod einer nahestehenden Person, Suizidgefährdung, Einsamkeit, Lebenskrise, Depression) unterstützen.
Als Mitarbeiter*in einer Beratungsstelle
Auch als Mitarbeiter von sozialpsychiatrischen Diensten, Trauma-Ambulanzen, Hospiz- und Trauerberatungsstellen, Sexualberatungsstellen, u.ä., profitieren viele Kolleginnen und Kollegen von notfallpsychologischer Expertise bei der kurz- und mittelfristigen Begleitung von Menschen nach potentiell traumatisierenden Ereignissen.
In den Strukturen der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV)
Über viele Jahre waren hauptamtliche Stellen im Bereich der PSNV, die die ehrenamtlichen Kriseninterventions- und Notfallseelsorgeteams in Deutschland bereitstellen, größtenteils in den seelsorgerischen Strukturen der Kirchen verortet und mit Pfarrer*innen und Diakon*innen besetzt. Hier zeigt sich in den letzten Jahren ein allmählicher Wandel und es entstehen zunehmend hauptamtliche Stellen mit koordinierenden und leitenden Aufgaben bei Hilfsorganisationen (z.B. DRK, Malteser, Johanniter) und im staatlichen Bereich (z.B. Landeszentralstellen PSNV an den Innenministerien der Länder), in denen Notfallpsycholog*innen tätig werden können.
An Schulen
In vielen Bundesländern gibt es bereits schulpsychologische Kriseninterventionsteams (z.B. "SKIT" in Hessen, "KIBBS" in Bayern), in denen Schulpsycholog*innen mit spezieller Weiterbildung im Bereich Notfallpsychologie nach potentiell traumatisierenden Ereignissen Schüler*innen, Lehrkräfte und die weiteren Mitglieder der Schulfamilie beraten und begleiten.
Im Krankenhaus
Betreuung von Patient*innen und deren Angehörigen, Implementierung von maßgeschneiderten notfallpsychologischen Interventionen nach potentiell traumatisierenden Ereignissen, Betreuung und Begleitung des ärztlichen und Pflegepersonals, Unterstützung beim Überbringen schlimmer Nachrichten und bei der Verabschiedung von Verstorbenen, Trauerbegleitung, etc.
Bei der Polizei
Koordinierung von polizeilichen Einsatznachsorgeteams, Betreuung von Opfern nach Straftaten (z.B. sexuelle Gewalt) und Polizei-Einsatzkräften nach schwierigen Einsätzen, Fortbildungen im Bereich Stress- und Traumaprävention, Mitwirkung bei Großschadenslagen im Einsatzabschnitt Betreuung, etc.
Bei der Bundeswehr
Die Truppenpsycholog*innen der Bundeswehr haben auch dezidiert notfallpsychologische Aufgaben bei der Beratung und Begleitung von Soldat*innen und Offizier*innen nach persönlichen und dienstlichen Krisen, sowie nach belastender und potentiell traumatisierender (insb. Auslands-)Einsatztätigkeit.