Mitte März 2024 trafen sich acht interessierte und motivierte Notfallpsychologinnen und -psychologen der Fachgruppe zu einem privat organisierten Austausch und gemeinsamer Fortbildung in Hamburg; darunter auch Anke Ehrich, die seit vergangenem Jahr dem Leitungsteam der Fachgruppe angehört. [...] (Bild: Thomas Bickhardt / BickFoto)


Dank der beruflichen Verbindungen von Dominic Cardozo, einem der Teilnehmer des Vernetzungstreffens, konnte sich die Gruppe im Seemannsclub DUCKDALBEN im Hamburger Hafen zu einem Kolloquium zusammenfinden. Der DUCKDALBEN existiert seit 1986, wird betrieben durch die Deutsche Seemannsmission Hamburg-Harburg e.V. und bietet Seeleuten im Hamburger Hafen 364 Tage im Jahr die Möglichkeit, ihre Freizeit abseits ihres Schiffes zu verbringen.

Nach einer Begrüßung durch den Leiter des DUCKDALBEN Seemannsdiakon Jörn Hille, brachte dieser den Zuhörenden in seinen Erzählungen auch die täglichen Belastungen und Nöte der Seeleute näher, die bei ihm und seinem Team konkrete Unterstützung wie Abhol- und Bringedienste, Geldwechsel- und Postservice, Sprechstunde des Hafenärztlichen Dienstes, aber eben auch Beratungs- und (Notfall-) Seelsorgegespräche finden.

Das folgende Kolloquium eröffnete Dirk Obermann, Seemannsdiakon und PSNV-Koordinator der Deutschen Seemannsmission e.V. mit einem Vortrag über psychosoziale Belastungen der Seeleute und das Programm der Deutschen Seemannsmission zur PSNV, was 2021 gestartet wurde. Während die psychologische Aufarbeitung belastender Ereignisse bei Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei und Bundeswehr längst Standard ist, ist es Dirk Obermanns Aufgabe, Reeder und Kapitäne für die psychischen Belastungen an Bord zu sensibilisieren und Notfallseelsorge-Einsätze zu koordinieren. Er machte in seinem Vortrag deutlich, dass schon der normale Alltag der Seeleute mit vielen Stressfaktoren verbunden sei: lange Abwesenheit von zu Hause, lange Arbeitszeiten, wenig Ruhe, wenig Möglichkeiten zum Ausgleich, wenig gesunde Bewegung.

Corona, Piratenüberfälle und Unfälle haben die Notwendigkeit für eine Krisenintervention und psychosoziale Betreuung nach Extrem-Situationen deutlich gemacht. Seeleute sind in diesen Situationen Einsatzkräfte und Betroffene zugleich, ohne die Möglichkeit, den Ort des Geschehens zu verlassen. Im Jahr 2022 hatte die Deutsche Seemannsmission weltweit 47 Einsätze. Neben dem Wissen über die speziellen psychosozialen Belastungsfaktoren der Seeleute ist hier auch eine Interkulturelle und Interreligiöse Kompetenz wichtig.

Thomas Bickhardt, wahrscheinlich der einzige Psychologe, der auch ausgebildeter Seemann, Leuchtturmwärter und Fotograf ist, berichtete nachfolgend von persönlichen Erfahrungen auf See, von der Belastung durch „Seekrankheit“ und ihrer Behandlung und zeigte in seinem Vortrag sehr eindrucks- und stimmungsvolle Fotos.

In einem dritten Beitrag schilderte Martin Dirksen-Fischer, Facharzt für Psychiatrie und bis 31.03.2023 Leiter des Hafenärztlichen Dienstes, sehr kurzweilig die amtsärztlichen Aufgaben eines Hafenarztes, der angesichts globaler Handels- und Verkehrsströme mit möglicherweise schwer einschätzbaren Infektionskrankheiten an Bord von Schiffen konfrontiert ist. Lebendig wurden seine Schilderungen in den bis dahin neuen psychosozialen Belastungen der Corona-Pandemie, die die Seeleute besonders betroffen haben.

Gemeinsam mit Thomas Bickhardt stellte Dominic Cardozo infolge PSNV-Interventionen am konkreten Beispiel eines havarierten Schiffes dar.

Neben dem fachlichen Austausch stand für die Gruppe aber auch eine Fahrt ins Alte Land, wie auch eine kulinarische ‚Verwöhntour‘ mit gutem Kaffee im Hamburger Hafen, einem Fischessen und auch Essen aus Indonesien und Afghanistan auf dem Programm, bevor es am Sonntag zum zweiten Highlight des Wochenendes, einem Besuch und einer Führung bei der Flughafenfeuerwehr Hamburg ging. Auch dort gab es einige spannende Informationen zu erfahren und Einblicke zu gewinnen, unter anderem zu deren Standorten direkt an den Start- und Landebahnen und somit im inneren Sicherheitsbereich des Flughafens. Ohne eine einsatzbereite Feuerwehr startet und landet kein Flugzeug. Ihr Aufgabenbereich erstreckt sich vom Flugzeug- und Gebäudebrandschutz bis zum Rettungsdienst für den gesamten Airportbereich. Auch in der Notfallplanung des Hamburger Flughafens hat die Flughafenfeuerwehr eine Schlüsselfunktion. Innerhalb von drei Minuten muss die Flughafenfeuerwehr an jedem Punkt der Start- und Landebahnen sein, wobei Hamburg von schlimmen Luftnotfällen bisher verschont geblieben ist. Die vorhandene technische Ausstattung war für die Teilnehmenden dennoch beeindruckend.

Fasziniert und vollgepackt mit interessanten Informationen und Begegnungen beendete die Gruppe dann am Sonntagmittag am Hamburger Flughafen ihr Treffen – jedoch nicht ohne bereits Planungen für eine neue Zusammenkunft aufgenommen zu haben.

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Bericht von Anke Ehrich & Florian Stoeck

Bild 1: Thomas Bickhardt / BickFoto
Bilder 2 + 3: Anke Ehrich